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Aktion / Bericht

Torf - Moore - Klima- u. Artenschutz

Jeder Hobbygartler kann einen Beitrag zum Klimaschutz leisten

In der ÖDP-Vorstandssitzung wurde auch über die anstehende Gartensaison gesprochen und was der einzelne hier an positiven für die Insektenvielfalt tun, aber auch viel verkehrt machen kann, so auch mit Torf, weshalb Ute Künkele anbot hierzu etwas gesondert auszuarbeiten.

Der Frühling hat begonnen und damit die Zeit des Gartelns. Die Balkonkästen werden bepflanzt, die Beete hergerichtet.

Im Gespräch mit Dr. Ute Künkele (66) stellt sich heraus, dass jeder Hobby-Gartler etwas für den Klimaschutz tun kann, wenn er die richtige Garten- und Blumenerde verwendet. Die in Petting wohnhafte Biologin, die ihre 1982 geschriebene Dissertation über den ganz in ihrer Nähe liegenden Schönramer Filz verfasste, hat bis heute ihre Leidenschaft zur Moorerforschung nicht verloren.

Im folgenden Gespräch werden von der engagierten Klimaschützerin, die sich als Sprecherin der ÖDP-Kreistagsfraktion auch politisch für die Ökologie im Landkreis stark macht, Tipps für eine umweltverträgliche Gartengestaltung gegeben.

Frau Dr. Künkele, Sie sind nicht nur Botanikerin, sondern auch Hobby-Gärtnerin Ihres eigenen Gartens und sagen, dass man beim Kauf der richtigen Erde im Gartencenter oder Baumarkt viel richtig oder auch falsch für den Umweltschutz machen kann. Was meinen Sie damit?

Ute Künkele: Die Gartencenter werben mit einem großen Angebot an Blumenerden, Pflanzerden, Spezialerden. Schaut man auf die Inhaltsangaben, so enthalten sehr viele Produkte Torf, wobei manchmal zwischen „Weißtorf“ und „Hochmoortorf“ unterschieden wird. Auf vielen Säcken wird dem Verbraucher mit Vermerken wie „Bio“ beziehungsweise „hergestellt aus nachwachsendem Rohstoff“ suggeriert, die „Erde“ sei ein umweltverträgliches Produkt. Säcke mit der Aufschrift „torffreie Erde“ muss man suchen, aber auch sie gibt es.

Ihre besondere Leidenschaft scheinen Moore zu sein. Was fasziniert Sie daran denn so? Waren die Moore nicht lange wegen ihrer Gefährlichkeit von den Menschen eher gefürchtet und wurden gemieden?

Ute Künkele: Moore und Feuchtgebiete sind meine große Liebe. Unsere Moore haben sich nach der letzten Eiszeit vor ca. 10 000 Jahren entwickelt. Ursprünglich waren drei Prozent der Landesfläche Bayerns mit Mooren bedeckt. Davon sind heute 95 Prozent entwässert. Umso wichtiger ist der Erhalt der restlichen fünf Prozent, die man noch als intakte Moore bezeichnen kann. Sie sind der Lebensraum von seltenen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, die letzten Rückzugsgebiete für den Fleisch fressenden Sonnentau und das Fettkraut, den Hochmoor-Gelbling und einige an Moorbiotope angepasste Pilzarten wie Erdzungen und Moorröhrling.

Aber welche Bedeutung haben denn diese Moore für den Klimaschutz?

Ute Künkele: Moore haben globale Bedeutung für den Klima- und Hochwasserschutz. Dreißig Prozent des weltweiten Boden-Kohlenstoffs sind in Mooren gespeichert. Pro Hektar speichern Moore im Mittel 700 Tonnen CO2, also sechsmal so viel wie Wald. Die Sphagnen, also die Torfmoose, nehmen das Regenwasser wie ein Schwamm auf und geben es erst langsam wieder ab. Sie sind also ein perfekter Hochwasserschutz für die Unterlieger – und darüber hinaus jene Organismen, die hauptverantwortlich für die Torfbildung sind.

Wie schaut es bei uns im Landkreis Traunstein mit den Mooren aus?

Ute Künkele: Der Landkreis Traunstein liegt im früheren Einflussbereich der Gletscher von Inn und Chiemsee, Traun und Salzach. Dem Landkreis gehören einige Hektar Moorflächen in der Pechschnait und im Bergener Moor mit dem Ziel einer Wiedervernässung. Zum Teil wurden auch Flächen mit Aufwertungspotential für das Ökokonto des Landkreises erworben. Im Kreistag ist erst kürzlich wieder die große Bedeutung für den Klimaschutz betont worden. Die Moor-Renaturierung ist ein wichtiger Beitrag zur Reduzierung von CO2 in der Atmosphäre.

Was können denn wir Gärtner und Blumenliebhaber mit dem Kauf von torffreien Blumenerden zum Klimaschutz beitragen? Ist es nicht so, dass viele Gartler mit Torf die Beete abdecken, damit sie ordentlich aussehen? Und wird Torf nicht als Bodenverbesserer, oder sogar als „Düngetorf“ empfohlen?

Ute Künkele: Vielleicht sollte man mit einigen Ammenmärchen mal aufräumen. Von Natur aus ist Torf sauer (mit einem pH-Wert zwischen drei und fünf) und enthält deshalb keine pflanzenverfügbaren Nährstoffe. Der Namen „Düngetorf“ wurde eingeführt, da er als „Düngemittel“ im Gegensatz zum „Brenntorf“ kostengünstiger mit der Bahn transportiert werden konnte. Torf besitzt lediglich, solange er feucht ist, ein gutes Wasserhaltevermögen. Sobald er austrocknet, kann es zu Trockenschäden an den Pflanzenwurzeln kommen - deshalb sterben viele Topfpflanzen aus dem Billigsortiment schnell, wenn sie zu viel oder zu wenig gegossen werden. Torf liefert im Garten nur eine geringe Humusmenge, da er in Sand- und Kiesböden verpufft, in unseren lehmigen Böden unter Luftabschluss verkohlt, also nicht pflanzenverfügbar ist. Torf schaut nur für eine kurze Zeit „ordentlich“ aus, es profitiert nur der Handel, nicht der Kunde.

Wieviel Torf wird in Deutschland verwendet und woher kommt er?

Ute Künkele: In den Gärten der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich etwa acht Millionen Kubikmeter Torf vergraben. Da inzwischen viele Moore in Deutschland unter Naturschutz gestellt wurden, wird Torf vorwiegend aus Finnland und Russland importiert – und das bedeutet, dass die Moore in diesen Ländern eines kurzfristigen Profits wegen unwiederbringlich zerstört werden. Neuer Torf entsteht nur durch das Wachstum der Torfmoose (Sphagnen) in intakten, das heißt nassen Mooren. Torfmoose nehmen Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre auf, Kohlenstoff wird im Torf gebunden. Die Bildung einer ein Meter mächtigen Torfschicht dauert ungefähr 1000 Jahre, gewaltige Kohlenstoffspeicher entstehen. Entwässerung und Abbau führen durch Sauerstoffzutritt zu einer Rückumwandlung des Kohlenstoffs in das Treibhausgas CO2.

 

 

Was gibt es für Alternativen?

Ute Künkele: Am besten und billigsten, wenn auch mit mehr Arbeit verbunden, ist der Kompost aus dem eigenen Garten. Torffreie Produkte aus dem Handel wie Rindenhumus und Holzfasern aus der Region eignen sich gut zum dauerhafteren Abdecken der Bereiche unter Bäumen und Sträuchern, denn dort zu mähen oder „Unkraut“ zu zupfen ist mühsam. Wer Glück hat, kann sogar im ersten Jahr mit Morcheln rechnen, einem delikaten Frühlingspilz, der unter anderem auf Rindenmulch gedeiht. Bei torffreien Erden sollte darauf geachtet werden, dass keine Zusatzstoffe wie Kokosfasern enthalten sind. Reststoffe aus tropischen Ländern haben aufgrund der weiten Transportwege eine negative Ökobilanz. Der Bund Naturschutz hat einen Einkaufsführer für torffreie Erden zusammengestellt (https://www.bund.net/service/publikationen/detail/publication/bund-einkaufsfuehrer-fuer-torffreie-erden/). Kompost- und torffreie Produkte aus der Region können einen Großteil des im Gartenbau verwendeten Torfs ersetzen. Es kann also jeder Einzelne einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Danke für Ihre interessanten Informationen. Einen guten Start in die Gartensaison!

Ute Künkele: Sehr gerne. Ebenfalls!

Zu den Fotos:

Torfstich Moorloch Schönramer Filz:

Dr. Ute Künkele sagt, dass pro tausend Jahre der Torf ein Meter dick wird. „An dieser Stelle kann man also bis auf die Zeit Christi in den Boden schauen“, so die Moor-Expertin.

Dr. Ute Künkele ganz in ihrem Element:

Seit mehr als 40 Jahren setzt sie sich intensiv mit Moorlandschaften auseinander. Mit dem Schönramer Filz und dessen bodenkundlichen und ökologischen Besonderheiten hat sie sich bereits 1982 in ihrer Dissertation intensiv beschäftigt.

 

Arno Zandl, Waldweg 3c, 83339 Chieming, Tel. 08667-809420 (Freier Mitarbeiter TT, PNP, OVB)

Jeder Hobbygartler kann einen Beitrag zum Klimaschutz leisten

In der Kreisvorstandssitzung wurde auch über die anstehende Gartensaison gesprochen und was der einzelne hier an positiven für die Insektenvielfalt tun, aber auch viel verkehrt machen kann, so auch mit Torf, weshalb Ute Künkele anbot hierzu etwas gesondert auszuarbeiten.

Der Frühling hat begonnen und damit die Zeit des Gartelns. Die Balkonkästen werden bepflanzt, die Beete hergerichtet.

Im Gespräch mit Dr. Ute Künkele (66) stellt sich heraus, dass jeder Hobby-Gartler etwas für den Klimaschutz tun kann, wenn er die richtige Garten- und Blumenerde verwendet. Die in Petting wohnhafte Biologin, die ihre 1982 geschriebene Dissertation über den ganz in ihrer Nähe liegenden Schönramer Filz verfasste, hat bis heute ihre Leidenschaft zur Moorerforschung nicht verloren.

Im folgenden Gespräch werden von der engagierten Klimaschützerin, die sich als Sprecherin der ÖDP-Kreistagsfraktion auch politisch für die Ökologie im Landkreis stark macht, Tipps für eine umweltverträgliche Gartengestaltung gegeben.

Frau Dr. Künkele, Sie sind nicht nur Botanikerin, sondern auch Hobby-Gärtnerin Ihres eigenen Gartens und sagen, dass man beim Kauf der richtigen Erde im Gartencenter oder Baumarkt viel richtig oder auch falsch für den Umweltschutz machen kann. Was meinen Sie damit?

Ute Künkele: Die Gartencenter werben mit einem großen Angebot an Blumenerden, Pflanzerden, Spezialerden. Schaut man auf die Inhaltsangaben, so enthalten sehr viele Produkte Torf, wobei manchmal zwischen „Weißtorf“ und „Hochmoortorf“ unterschieden wird. Auf vielen Säcken wird dem Verbraucher mit Vermerken wie „Bio“ beziehungsweise „hergestellt aus nachwachsendem Rohstoff“ suggeriert, die „Erde“ sei ein umweltverträgliches Produkt. Säcke mit der Aufschrift „torffreie Erde“ muss man suchen, aber auch sie gibt es.

Ihre besondere Leidenschaft scheinen Moore zu sein. Was fasziniert Sie daran denn so? Waren die Moore nicht lange wegen ihrer Gefährlichkeit von den Menschen eher gefürchtet und wurden gemieden?

Ute Künkele: Moore und Feuchtgebiete sind meine große Liebe. Unsere Moore haben sich nach der letzten Eiszeit vor ca. 10 000 Jahren entwickelt. Ursprünglich waren drei Prozent der Landesfläche Bayerns mit Mooren bedeckt. Davon sind heute 95 Prozent entwässert. Umso wichtiger ist der Erhalt der restlichen fünf Prozent, die man noch als intakte Moore bezeichnen kann. Sie sind der Lebensraum von seltenen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, die letzten Rückzugsgebiete für den Fleisch fressenden Sonnentau und das Fettkraut, den Hochmoor-Gelbling und einige an Moorbiotope angepasste Pilzarten wie Erdzungen und Moorröhrling.

Aber welche Bedeutung haben denn diese Moore für den Klimaschutz?

Ute Künkele: Moore haben globale Bedeutung für den Klima- und Hochwasserschutz. Dreißig Prozent des weltweiten Boden-Kohlenstoffs sind in Mooren gespeichert. Pro Hektar speichern Moore im Mittel 700 Tonnen CO2, also sechsmal so viel wie Wald. Die Sphagnen, also die Torfmoose, nehmen das Regenwasser wie ein Schwamm auf und geben es erst langsam wieder ab. Sie sind also ein perfekter Hochwasserschutz für die Unterlieger – und darüber hinaus jene Organismen, die hauptverantwortlich für die Torfbildung sind.

Wie schaut es bei uns im Landkreis Traunstein mit den Mooren aus?

Ute Künkele: Der Landkreis Traunstein liegt im früheren Einflussbereich der Gletscher von Inn und Chiemsee, Traun und Salzach. Dem Landkreis gehören einige Hektar Moorflächen in der Pechschnait und im Bergener Moor mit dem Ziel einer Wiedervernässung. Zum Teil wurden auch Flächen mit Aufwertungspotential für das Ökokonto des Landkreises erworben. Im Kreistag ist erst kürzlich wieder die große Bedeutung für den Klimaschutz betont worden. Die Moor-Renaturierung ist ein wichtiger Beitrag zur Reduzierung von CO2 in der Atmosphäre.

Was können denn wir Gärtner und Blumenliebhaber mit dem Kauf von torffreien Blumenerden zum Klimaschutz beitragen? Ist es nicht so, dass viele Gartler mit Torf die Beete abdecken, damit sie ordentlich aussehen? Und wird Torf nicht als Bodenverbesserer, oder sogar als „Düngetorf“ empfohlen?

Ute Künkele: Vielleicht sollte man mit einigen Ammenmärchen mal aufräumen. Von Natur aus ist Torf sauer (mit einem pH-Wert zwischen drei und fünf) und enthält deshalb keine pflanzenverfügbaren Nährstoffe. Der Namen „Düngetorf“ wurde eingeführt, da er als „Düngemittel“ im Gegensatz zum „Brenntorf“ kostengünstiger mit der Bahn transportiert werden konnte. Torf besitzt lediglich, solange er feucht ist, ein gutes Wasserhaltevermögen. Sobald er austrocknet, kann es zu Trockenschäden an den Pflanzenwurzeln kommen - deshalb sterben viele Topfpflanzen aus dem Billigsortiment schnell, wenn sie zu viel oder zu wenig gegossen werden. Torf liefert im Garten nur eine geringe Humusmenge, da er in Sand- und Kiesböden verpufft, in unseren lehmigen Böden unter Luftabschluss verkohlt, also nicht pflanzenverfügbar ist. Torf schaut nur für eine kurze Zeit „ordentlich“ aus, es profitiert nur der Handel, nicht der Kunde.

Wieviel Torf wird in Deutschland verwendet und woher kommt er?

Ute Künkele: In den Gärten der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich etwa acht Millionen Kubikmeter Torf vergraben. Da inzwischen viele Moore in Deutschland unter Naturschutz gestellt wurden, wird Torf vorwiegend aus Finnland und Russland importiert – und das bedeutet, dass die Moore in diesen Ländern eines kurzfristigen Profits wegen unwiederbringlich zerstört werden. Neuer Torf entsteht nur durch das Wachstum der Torfmoose (Sphagnen) in intakten, das heißt nassen Mooren. Torfmoose nehmen Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre auf, Kohlenstoff wird im Torf gebunden. Die Bildung einer ein Meter mächtigen Torfschicht dauert ungefähr 1000 Jahre, gewaltige Kohlenstoffspeicher entstehen. Entwässerung und Abbau führen durch Sauerstoffzutritt zu einer Rückumwandlung des Kohlenstoffs in das Treibhausgas CO2.

 

 

Was gibt es für Alternativen?

Ute Künkele: Am besten und billigsten, wenn auch mit mehr Arbeit verbunden, ist der Kompost aus dem eigenen Garten. Torffreie Produkte aus dem Handel wie Rindenhumus und Holzfasern aus der Region eignen sich gut zum dauerhafteren Abdecken der Bereiche unter Bäumen und Sträuchern, denn dort zu mähen oder „Unkraut“ zu zupfen ist mühsam. Wer Glück hat, kann sogar im ersten Jahr mit Morcheln rechnen, einem delikaten Frühlingspilz, der unter anderem auf Rindenmulch gedeiht. Bei torffreien Erden sollte darauf geachtet werden, dass keine Zusatzstoffe wie Kokosfasern enthalten sind. Reststoffe aus tropischen Ländern haben aufgrund der weiten Transportwege eine negative Ökobilanz. Der Bund Naturschutz hat einen Einkaufsführer für torffreie Erden zusammengestellt (https://www.bund.net/service/publikationen/detail/publication/bund-einkaufsfuehrer-fuer-torffreie-erden/). Kompost- und torffreie Produkte aus der Region können einen Großteil des im Gartenbau verwendeten Torfs ersetzen. Es kann also jeder Einzelne einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Danke für Ihre interessanten Informationen. Einen guten Start in die Gartensaison!

Ute Künkele: Sehr gerne. Ebenfalls!

Zu den Fotos:

Torfstich Moorloch Schönramer Filz:

Dr. Ute Künkele sagt, dass pro tausend Jahre der Torf ein Meter dick wird. „An dieser Stelle kann man also bis auf die Zeit Christi in den Boden schauen“, so die Moor-Expertin.

Dr. Ute Künkele ganz in ihrem Element:

Seit mehr als 40 Jahren setzt sie sich intensiv mit Moorlandschaften auseinander. Mit dem Schönramer Filz und dessen bodenkundlichen und ökologischen Besonderheiten hat sie sich bereits 1982 in ihrer Dissertation intensiv beschäftigt.

 

Arno Zandl, Waldweg 3c, 83339 Chieming, Tel. 08667-809420 (Freier Mitarbeiter TT, PNP, OVB)

 

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